Mit KI zum nachhaltigerem Obst- und Gemüseanbau

Sijia Liao erklärt, wie KI und digitale Zwillinge den Obst- und Gemüseanbau nachhaltiger machen – und warum besonders kleine Betriebe profitieren.

Interview mit Sijia Liao, wissenschaftliche Mitarbeiterin der Hochschule Niederrhein

Wie können digitale Technologien und Künstliche Intelligenz dabei helfen, gesunde Lebensmittel nachhaltiger zu produzieren? Mit dieser Frage beschäftigt sich Sijia Liao im Forschungsprojekt Sustainable Production of Healthy Food (SPoHF). Im Interview erklärt sie, wie Landwirte von digitalen Zwillingen, KI-gestützten Analysen und praxisnahen Kooperationen profitieren können – und warum gerade kleinere Betriebe hier große Chancen haben.

Können Sie Ihr Forschungsprojekt in maximal 30 Sekunden so erklären, dass es auch jemand ohne Fachstudium versteht?

Das Projekt Sustainable Production of Healthy Food (SPoHF) zielt darauf ab, die nachhaltige Erzeugung gesunder Lebensmittel mithilfe digitaler Technologien und künstlicher Intelligenz zu optimieren. Der Schwerpunkt liegt auf dem Obst- und Gemüseanbau, bei dem digitale Zwillinge der Pflanzen entwickelt werden. Diese ermöglichen eine präzise Überwachung und Simulation des Pflanzenzustands.

Welches konkrete Problem löst Ihre Forschung für Betriebe in der Land- und Ernährungswirtschaft? Können Sie ein Beispiel nennen?

Im Rahmen des Projekts SPoHF können landwirtschaftliche Betriebe ihre Umwelt- und Ressourceneffizienz steigern, die Qualität der Lebensmittel verbessern sowie den Energieverbrauch und den Einsatz von Düngemitteln und Pestiziden reduzieren.

Können Sie uns von einem Moment erzählen, in dem Sie gemerkt haben: „Das funktioniert wirklich in der Praxis!“?

Wir haben ein KI-System entwickelt, das Insekten auf Gelbtafeln automatisch zählt. Erste Tests zeigen: Es spart über 99 % der Zeit im Vergleich zur Handarbeit. So lassen sich Schadinsekten frühzeitig erkennen und gezielt bekämpfen, bevor sie zur Plage werden.

Viele kleinere Betriebe denken, Forschungskooperationen seien nur etwas für Großunternehmen. Wie kann auch ein Kleinst- bzw. Kleinunternehmen von Ihrer Arbeit profitieren?

Unser Projekt richtet sich insbesondere an kleine Unternehmen, die entweder Innovationsbedarf haben, aber über keine eigene Forschungs- oder Entwicklungsabteilung verfügen, oder die zwar über die Fähigkeit zur Forschung und Programmierung verfügen, aber keinen direkten Einblick in die konkreten Bedürfnisse von Produktionsbetrieben haben.

Ihre Forschung trägt zur nachhaltigen Transformation bei. Welche handfesten wirtschaftlichen Vorteile – nicht nur Umweltvorteile – entstehen für die Unternehmen? Wenn möglich, bitte den Impact mit konkreten Zahlen benennen.

Durch den Einsatz von KI-Technologien kann der Energieverbrauch im Obst- und Gemüseanbau präzise an die Wetterbedingungen angepasst werden. Für Unternehmen ergeben sich daraus konkrete wirtschaftliche Vorteile, beispielsweise in Form reduzierter Energiekosten und effizienterer Produktionsabläufe.

Wie sieht der ideale Partner aus der Wirtschaft aus für Sie in diesem Moment? Was suchen Sie konkret? (z. B. Marktinsights, Pilotierung)

Wir suchen gezielt Partner, um unsere Lösungen direkt im Praxiseinsatz zu testen. Gleichzeitig möchten wir tiefere Einblicke in den Markt und die aktuellen Herausforderungen landwirtschaftlicher Betriebe gewinnen, um unsere Forschung noch präziser auf die Bedürfnisse der Unternehmen auszurichten.

Welche Kooperationsformen könnten Sie sich vorstellen – von der einfachen Bachelorarbeit bis zum mehrjährigen Forschungsprojekt?

Wir sind offen für eine breite Palette an Kooperationsformen, je nach Bedarf und Kapazität des Partners. Das kann von der Betreuung einzelner Bachelor- oder Masterarbeiten über Praxisprojekte und Kurzzeitstudien bis hin zu mehrjährigen Forschungsprojekten reichen. Wichtig ist uns, dass die Zusammenarbeit einen klaren Mehrwert für beide Seiten bietet und praxisnahe Ergebnisse ermöglicht.

Wie sollte ein Unternehmen konkret vorgehen, wenn es mit Ihnen zusammenarbeiten möchte? Was ist der erste Schritt?

Der erste Schritt ist ein unverbindliches Gespräch, in dem wir die Bedürfnisse und Herausforderungen des Unternehmens kennenlernen. Wir möchten gemeinsam mit Ihnen besprechen, wie unsere Forschung und Technologien Ihnen bei Ihrem Vorhaben konkret unterstützen können.

Warum ist es wichtig, dass Forschung und Betriebe in NRW eng zusammenarbeiten? Was macht die Region besonders?

Die enge Zusammenarbeit von Forschung und Betrieben in NRW ist entscheidend, um Innovationen schnell und praxisnah umzusetzen. NRW ist eine wirtschaftsstarke und vielfältige Region mit zahlreichen landwirtschaftlichen Betrieben und innovativen Unternehmen. Die Nähe von Forschungseinrichtungen und Betrieben ist wirklich toll, denn so können neue Technologien direkt erprobt und angepasst werden.

Wie sehen Sie die Land- und Ernährungswirtschaft in NRW in 10 Jahren, wenn mehr Betriebe den Mut zur Forschungskooperation fassen?

Wir können uns auf noch smartere und ressourceneffizientere Anbaumethoden freuen, die Erträge und Qualität steigern und gleichzeitig Umweltbelastungen minimieren. Die Betriebe werden besser vernetzt und profitieren vom schnellen Wissensaustausch zwischen Forschung und Praxis. Das ist eine tolle Nachricht für alle, die sich für zukunftsfähige Landwirtschaft und Ernährung interessieren. NRW ist in dieser Hinsicht ganz vorne mit dabei.

Am 24.09. stellt das Team das Projekt auf der Ideenfutter Expo in Neuss vor – Tickets sind hier verfügbar!